Exposé - Sachor (Gedenke): Der Zukunft ein Gedächtnis - Festrede zur Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit 2013
Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff
Gedächtnis und Identität bedingen sich gegenseitig. Nicht nur für die persönliche Orientierungs- und Handlungsfähigkeit eines jeden Menschen ist die Fähigkeit zu erinnern von Bedeutung; auch die Religion bedarf des Gedenkens an die Beziehung der Gläubigen zu Gott. Im Judentum entfaltet sich die Erinnerung in der Dualität von Halacha, der normativen Form des Gedächtnisses, und Haggada, ihrer narrativen Gestalt. Im Zentrum steht hierbei das geschichtliche Heilshandeln Gottes am und mit dem Volk Israel. Die christliche Erinnerungsgemeinschaft hat ihre memorative Funktion strukturanalog zum jüdischen Gebot des Sachor ("Gedenke") ausgebildet, fokussiert inhaltlich jedoch auf das Gedächtnis Jesu im Abendmahl. Beiden Religionen ist zu eigen, dass sich das Gedenken nie handlungsentkoppelt vollzieht. Es ist keine reine Geistesleistung, sondern die Erinnerung zeitigt stets ethische Folgen. |
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Im Angesicht des jüdischen Leids in der Shoah leiten sich insbesondere für Christinnen und Christen aus dieser Verpflichtung zur Erinnerung Konsequenzen für den heutigen christlich-jüdischen Dialog ab. Was sind die Herausforderungen, denen Kirche heute und in Zukunft begegnen muss?